"Religion ist ein wichtiger Teil in meinem Leben"

Foto: Henning Klingen
Foto: Henning Klingen

Im Rahmen der "Langen Nacht der Kirchen" sprach der Weltmusiker Hubert von Goisern in einer Pfarre südlich von Wien mit dem Publizisten Heinz Nußbaumer über sein Leben und seine Musik. Im Vorfeld traf ich den Musiker zu einem Interview "über Gott und die Welt". Darin gab er Einblicke in seine persönliche Spiritualität, seine katholische Erziehung und sein gespaltenes Verhältnis zur Kirche. Erschienen ist das Interview im "Kathpress-Info-Dienst" - hier nachzulesen und nachzuhören:

Als Weltmusiker sind Sie viel gereist und sind damit auch in Kontakt zu viele anderen Religionen gekommen. Wie würden Sie sich im Blick auf Ihre Verhältnis zur Katholischen Kirche selbst beschreiben - als "Sympathisant" oder doch eher als Fernstehender?

Huber von Goisern: Ich stehe den Kirchen eher nahe als fern. Ich Suche Kirchen gezielt als Stätten der Besinnung auf - allerdings meist dann, wenn dort keine Gottesdienste oder Veranstaltungen stattfinden. Denn in den meisten Fällen stoße ich mich an den Predigtworten und an den Formulierungen der Gebete. Daher habe ich auch lateinische Messen lieber... Ansonsten empfinde ich mich selbst als sehr religiösen Menschen und fühle mich auch anderen religiösen Menschen näher als wenn sie nicht religiös sind. Religion ist ein wichtiger Teil in meinem Leben.

Das heißt, sie würden sich als religiösen, spirituellen Menschen bezeichnen, aber doch eine Trennung zur Institution Kirche vornehmen?

Ja, ich empfinde - um es einmal provokant zu sagen - Kirche als ein 'notwendiges Übel'. Ich weiß, wie schwer es ist, ohne äußere Form zum inneren Kern zu kommen, aber es ist zu viel passiert im Namen der Institution Kirche, womit ich überhaupt nicht einverstanden bin. Ich stoße mich auch an der sehr patriarchalen Struktur und an dem Anspruch, exklusiv und allein den seligmachenden Weg zu Gott zu kennen.

Mussten Sie sich also als katholisch sozialisierter Mensch erst von dieser Katholizität emanzipieren?

Ja, ganz sicher. Ich bin katholisch aufgewachsen - allerdings im inneren Salzkammergut, wo noch während meiner Schulzeit ein Verhältnis von 50:50 zwischen Katholiken und Protestanten herrschte. Das heißt, ich habe auch mitbekommen, dass man als Katholik deren Gotteshäuser zu meiden habe...

In meiner Familie war eigentlich nur die Großmutter wirklich tief religiös. Es hat mich fasziniert, wie sie sich ins Gebet versenken konnte, daher habe ich sie auch aus Neugier immer wieder in die Kirche begleitet - auch wenn ich mich immer ein wenig vor der Kirche, dem Pfarrer und auch vor Gott gefürchtet habe. Die Drohgebärden, die ich mit Gott verband, musste ich ihm erst in langer persönlicher Auseinandersetzung nehmen - jetzt sage ich auch schon "ihm"! Diese maskuline Form, die Rede vom "Herrn", das ist es, was mich heute meist von Gottesdiensten fernhält...

 

Gibt es für Sie spezielle, vielleicht religiöse "Kraftorte" oder gar ein Gebet, das Sie in besonderer Weise anspricht?

 

Prinzipiell empfinde ich Kirchen und Klöster als Kraftorte, die von den Gebeten aufgeladen werden. Aber natürlich gibt mir auch die Natur in ihrer menschenleeren, ungezähmten Form Kraft und Tiefe. Das kann ein Berg sein oder eine Wüste oder das Meer. Oder auch Kirchenmusik! Ich liebe Mozart, Bach und Haydn. Deren Musik hilft mir, in die Versenkung zu kommen. Vor langer Zeit hatte ich einmal den Wunsch, eine Messe zu schreiben - natürlich eine lateinische..., aber das wird wohl nicht mehr geschehen.

Bei den Gebeten stoße ich mich meist am "dominus", der maskulinen Form. Aber in der Tat gibt es ein kurzes Gebet, das mich bis heute sehr bewegt: "Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter meinem Dach, aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund."

Einer dieser Kraftorte ist für Sie der Berg Athos. Warum?

Ja, das ist ein besonderer Kraftort, mit dem mich in erster Linie ein besonderes Buch von Heinz Nußbaumer ("Der Mönch in mir", Anm.d.Red.) verbindet. Inzwischen war ich mit Heinz Nußbaumer schon zweimal dort und konnte das alles selbst erleben. Es gibt tatsächlich heilige Orte auf dieser Welt, die durch die Menschen an diesen Orten und durch deren Gebete aufgeladen werden. Und dazu zählt ganz besonders der Berg Athos.

Sehen Sie bei sich selbst eine Art "Franziskus-Effekt", insofern Sie sich durch Franziskus leichter tun, Vorbehalte gegen die Institution Kirche zu überwinden?

(lacht) Da hat die Katholische Kirche und der Papst noch einen weiten Weg vor sich... Ich finde es aber tatsächlich großartig, wie der neue Papst an seine Berufung herangeht. Und ich bin im Übrigen auch sehr glücklich über die Wahl des neuen Salzburger Erzbischofs. Franz Lackner hat eine sehr warme Ausstrahlung.

Um am Schluss auf ein aktuelles Thema zu kommen: Wäre der "European Songcontest", der im kommenden Jahr in Österreich stattfindet, ein Ziel für Sie?

Ich habe mich schon einmal für den Songcontest beworben und bin dabei nicht einmal unter die Top-100 in Österreich gekommen - und das mit einem meiner schönsten Lieder, "Heast as nit". Das ist für mich ein Zeichen, dass ich mit dem Songcontest einfach nicht kompatibel bin. Ich finde es aber sehr schade, dass der Songcontest zu so einem Spektakel verkommen ist. Früher konnte man dort wirklich Chansons hören; wenn heute zwei oder drei Titel herausstechen, die man als Lied bezeichnen könnte, ist das schon viel...

Würden Sie also den österreichischen Siegersong "Rise like a Phoenix" als gelungen bezeichnen?

Ja, der Song war heuer bei weitem das beste Lied. Als gelungen würde ich ihn außerdem bezeichnen, da er sehr "James Bond"-artig produziert ist - und ich ein großer "James Bond"-Fan bin...

 

Erschienen in: "Kathpress-Info-Dienst" vom 6. Juni 2014



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Hubert von Goisern über Glaube, Kirche & Gott (Lange Nacht der Kirchen 2014)
Ein Interview mit dem Weltmusiker Hubert von Goisern - ausnahmsweise mal kaum über Musik, dafür über Gott & die Welt.
Interview_vonGoisern.mp3
MP3 Audio Datei 13.0 MB

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