45 Cent für ein Taufgeschenk...

Foto:  pixabay.com / CC0 Public Domain
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Mit 1,32 Euro ist man bei Fürbitten dabei. 1,16 Euro muss man für Taufpaten auf den Tisch legen - und für nur 45 Cent gibt's Taufgeschenke. Nein, hier geht's nicht um Schnäppchen aus dem Webportal "geizhals.at", hier geht's um die harte Währung der Aufmerksamkeit im Internet. Wer bei Suchanfragen zu den Begriffen "Fürbitten", "Taufpaten" oder "Taufgeschenke" mit seiner Website in der Ergebnisliste ganz oben mitmischen möchte, wer also "sichtbar" sein möchte im Internet, der muss zum Teil tief in die Tasche greifen und je nach aktueller Häufigkeit der Anfragen, also je nach Wert des Suchbegriffs, pro "Klick" an Google Beträge von bis zu 1,32 Euro überweisen.

 

Das hört sich nach einem Schnäppchen an - tatsächlich können so jedoch z.B. beim Begriff "Taufgeschenk" bis zu 1.600 Euro pro Monat zusammenkommen. Denn aktuell weist Google eine Anfrageintensität von rund 3.600 Suchanfragen nach dem Begriff "Taufgeschenk" pro Monat aus. Will man kirchlicherseits alle Suchanfragen auffangen und in "Klicks" auf die eigenen Websites lenken, kann's teuer werden.

 

Umschau unter den österreichischen Diözesan-Websites

 

Willkommen in der schönen neuen Welt der Online-Kommunikation, die auch vor kirchlichen Angeboten und also kirchlichen Websites nicht Halt macht. Gewiss, man muss in der kirchlichen Kommunikationsarbeit nicht jedem (Online-)Trend hinterherlaufen - wenn man aber den Glauben als kommunikatives Geschehen begreift und die Sendung der Kirche in der Welt als Angebot an alle Menschen versteht, so wird man nicht umhin kommen, diese modernen Marktplätze der Öffentlichkeit, diese "digitale Agora" mit ihren eigenen Gesetzen und Regeln als "Zeichen der Zeit" ernst zu nehmen.

 

Eine Umschau zu liturgischen und sakramententheologischen Online-Angeboten auf kirchlichen bzw. diözesanen und überdiözesanen Websites muss daher zum einen stets fragmentarisch bleiben, da der Bereich der Online-Kommunikation in ständiger Bewegung und Entwicklung ist – und zweitens muss er für den Experten und theologisch Versierten ernüchternd wirken. Denn – so eine erste Beobachtung – es überwiegt eine stark vom „User“ her gedachte Aufbereitung der Themen. Diese „User“ splitten sich in der kirchlichen Online-Kommunikation in derzeit drei verschiedene Gruppen auf: Die Kirchennahen und religiös Affinen, die interessiert Fernstehenden sowie die der Kirche überwiegend kritisch Gegenüberstehenden.

 

Antworten wir auf die Fragen der Menschen?

 

Es werden die Fragen dieser Gruppen im Blick auf die Themen Liturgie und Sakramente antizipiert und auf dieser Basis Antworten gegeben. Angenommen wird dabei ein Sakramenten- und Liturgie-Verständnis, das sich vornehmlich am „Service-Charakter“ von Kirche orientiert. Sakramente und Gottesdienste werden – so entsprechend eine zweite Beobachtung – als kirchliche Handlungsakte in der Welt verstanden, den öffentlichen Angeboten anderer großer Institutionen wie etwa den Volkshochschulen nicht unähnlich. Bestätigt wird dieser Befund im Übrigen durch die Anfragen, die auf diözesanen wie auf überdiözesanen Webportalen einlaufen. Diese betreffen zum großen Teil konkrete sakramententheologische Fragen – allerdings stets mit einem durch und durch praktischen Impetus: „Ich möchte mein Kind taufen lassen, mein Mann und ich sind aber schon vor Jahren aus der Kirche ausgetreten. Geht das?“ oder aber: „Wir möchten kirchlich heiraten, allerdings nicht in unserer Heimatpfarre, sondern in der Toskana. Was müssen wir tun?“

 

Beim Versuch, diese Zielgruppen gleichermaßen mit Informationen zu Sakramenten und/oder Liturgischem zu bedienen, wählen die Diözesen – grob gesagt – zwei verschiedene Zugänge: Die Mehrheit wählt den „lebensweltlichen“ Zugang und erschließt die Themen „anthropologisch“, d.h. Ausgehend von der jeweiligen Lebenssituation. So eröffnet etwa die Diözese Feldkirch das Thema Taufe unter dem Titel „Start ins Leben“ mit folgendem Satz: "Ein Kind kommt zur Welt, eine Lebensgeschichte beginnt. Wünsche und Hoffnungen, aber auch Sorgen und Ängste stehen am Beginn dieses Lebens, von dem wir nicht wissen, was es bringen wird. Dieser Lebensstart ist unweigerlich auch mit der Frage verbunden, in welchem Glauben das Kind hineinwachsen kann." (http://www.kath-kirche-vorarlberg.at/themen/taufe/willkommen).

 

Welchen Zugang wählen wir? Lebensweltlich oder eher informationslastig?

 

Einen ähnlichen Zugang wählt auch das offizielle Portal der Katholischen Kirche in Österreich, „katholisch.at“, wo es zu den Sakramenten heißt: „Schenkt man jemandem eine Rose, so sagt dies dem Beschenkten 'Ich liebe Dich' oder 'Ich wünsche Dir baldige Besserung', vielleicht auch einfach 'Es ist schön, dass es Dich gibt'. Die Rose drückt etwas aus: Liebe und Zuneigung, die sonst unsichtbar sind. Ihre Botschaft gilt. Ähnlich ist es auch mit einem Sakrament (…). Sakramente bringen die Liebe und die Nähe Gottes zu uns Menschen zum Ausdruck.“ (http://www.katholisch.at/site/glaubenfeiern/article/105003.html)

 

Die Diözese Innsbruck hingegen wählt einen theologischen und damit stärker auf das „interne“ bzw. kirchenaffine Publikum zugeschnittenen Einstieg und formuliert: "Die Taufe ist eines der sieben Sakramente der Katholischen Kirche. Durch sie wird ein Mensch in die Gemeinschaft der Christen aufgenommen" (http://www.dibk.at/index.php?id=8&language=1&portal=1&detail=71). Ähnlich die Erzdiözese Wien, wo es zum Thema Taufe heißt: „Jeder Mensch ist ein geliebtes Kind Gottes. Dem einzelnen Menschen mag dies langsam bewusst geworden sein, er vertraut darauf und glaubt daran. In der Feier der Taufe bekennt er nun seinen Glauben - bei Säuglingstaufen tun das stellvertretend die Eltern und Paten“ (https://www.erzdioezese-wien.at/taufe). Die gewählten Begriffe und Bilder („geliebtes Kind Gottes“, „bekennt nun seinen Glauben“) machen dabei deutlich, an wen sich dieser Text und die folgenden Service-Elemente auf der Website richten: An den bereits informierten und in kirchlichen Sprachspielen bewanderten User.

 

Sonderfall "meinefamilie.at"

 

Einen Sonderfall stellt indes das neue Portal www.meinefamilie.at der Erzdiözese Wien dar. Es tritt nach außen hin gänzlich „unkirchlich“ auf und orientiert sich ausschließlich an der Zielgruppe junger Familien und ihren Bedürfnissen. Angenommen wird dabei, dass die überwiegende Mehrheit eben dieser Zielgruppe eher zu den interessiert Fernstehenden als zu den kirchlich sozialisierten Usern gehört. Ziel ist ein niederschwelliger Zugang zu jenen Inhalten, die junge Familien interessieren – vom Kinderflohmarkt bis Ferienangeboten für Kinder, vom Leih-Oma-Service des Familienverbandes bis zum Eisprungrechner. Unter dem Keyword (Top-Begriff für Suchmaschinen) „Spirituelles“ finden sich Informationen zu den Sakramenten ebenso wie eine Übersicht zu speziellen „Kindergottesdiensten“ im Bereich der Erzdiözese Wien.

 

Aufschlussreich erscheint hier der gewählte Zugang – wiederum dargelegt am Beispiel des Sakraments der Taufe. So heißt es in dem entsprechenden Eintrag: „Wenn man im kirchlichen Bereich arbeitet, dann erhält man manchmal die erstaunlichsten Anrufe von Menschen, mit denen man mehr oder weniger bekannt ist. So auch der Anruf einer ehemaligen Studienkollegin, die mir empört berichtete, dass sie nicht Taufpatin sein dürfe… Was sich der Pfarrer da einbilde, sich in eine Familienfeier einzumischen. Auf meine zaghafte Frage, ob sie denn aus der Kirche ausgetreten sei, kam ein erzürntes: 'NATÜRLICH, seit Jahren.' Vielen ist heute nicht mehr ganz klar, was die Taufe eigentlich ist. (…) Um es vorweg klar zu stellen: So sehr die Taufe auch eine Familienfeier sein kann, (…) so ändert das alles nichts daran, dass sie an erster Stelle die Aufnahme in die Katholische Kirche ist“ (http://www.meinefamilie.at/was-ist-die-taufe/).

 

Blog-Eintrag vs. "klassischer" Artikel

 

Aufschlussreich ist dieser Zugang in zweifacher Hinsicht: Zum einen spricht hier kein Theologe, keine theologische Redaktion oder gar ein Priester, sondern vielmehr eine Redakteurin in direkter Rede, in „Ich-Form“. Die Form des „Blog-Eintrags“ erzeugt eine gänzlich andere Form der Aufmerksamkeit, sie evoziert Empathie und ein zustimmendes „Ja, das kenne ich...“ beim User der Zielgruppe Fernstehend-Interessierter. Zum zweiten folgt das Portal und der Zugang zum Thema Sakramente und Liturgie damit streng der „Netzlogik“, insofern Aufmerksamkeit nur dann entsteht bzw. generiert wird, wenn Inhalte nicht nur nüchtern-informativ sind, sondern den User „abholen“. Konsequent heißt es in diesem Sinne etwa zum Thema „Mit Kindern in die Kirche gehen“:

 

„Oft denken Eltern, sie könnten mit kleinen Kindern nicht in die Sonntagsmesse gehen, weil die Kleinen in der Kirche nicht ruhig sitzen oder weil sie 'doch nichts davon haben'. Je früher man aber damit beginnt, ihnen die Messe als 'sonntägliches Ritual' zu präsentieren, umso lieber wird es ihnen werden. Natürlich können Sie auch zunächst 10 Minuten mitfeiern oder am nächsten Sonntag 15 Minuten und den nächsten immer ein bisschen länger.“ (http://www.meinefamilie.at/mit-kindern-in-die-kirche)

 

Kontrastreich hingegen die Zugänge der Diözesen St. Pölten und Gurk-Klagenfurt, die zur Frage „Was ist Liturgie?“ ausführen: „Das Wort 'Liturgie' kommt aus dem Griechischen und bedeutet 'öffentliches Werk', 'Dienst des Volkes', 'Dienst für das Volk'. Die christliche Überlieferung versteht darunter, dass das Volk Gottes teilnimmt am 'Werk Gottes' (Epheser 3,4). Das Wort 'Gottesdienst' hat einen zweifachen Sinn. Es bedeutet zuerst: Gott dient uns Menschen. Und dann: Wir dienen Gott.“ (http://www.dsp.at/glaubeundleben/was-ist-liturgie) bzw. in Gurk-Klagenfurt:


„Die Heilige Messe ist der in der römisch-katholischen und von ihr abstammenden katholischen Kirchen gebräuchliche Name für den die Wortverkündigung und Eucharistiefeier umfassenden Haupt-Gottesdienst. Nach katholischem Verständnis ist die Eucharistiefeier nicht nur eine Erinnerung an das letzte Abendmahl Jesu Christi, sondern auch das vergegenwärtigende Gedächtnis seines Kreuzestodes (daher auch Messopfer genannt) und seiner Auferstehung, in die die Mitfeiernden aktiv mit einbezogen werden und durch die sie die eine Kirche sind.“ (http://www.kath-kirche-kaernten.at/themen/detail/C666/der_aufbau_der_heiligen_messe)

 

"Frag den Festprofi"

 

Am profundesten erscheinen im Übrigen sowohl in sakramententheologischer als auch in liturgischer Hinsicht die Ausführungen des Grazer Pastoralamtsleiters Karl Veitschegger. Auf einer eigenen Plattform der steirischen Kirchenzeitung „Sonntagsblatt“ informiert er unter dem Label „Frag den Festprofi“ über kirchliche Feste im Kirchenjahr (http://www.sonntagsblatt.tv/festprofi). Bei den Sakramenten wählt die Diözese Graz-Seckau ebenfalls Beiträge aus Veitscheggers breiter Publikationsliste (http://members.aon.at/veitschegger/artikel.htm).

 

Indes: Wenn es dort heißt „Sakramente sind wirksame Zeichen der Liebe und Nähe Gottes. Sie haben ihren Ursprung in Jesus Christus. Die katholische Kirche feiert sieben Sakramente“, so ist dies gewiss theologisch korrekt, es zeigt sich jedoch ein größer werdender Graben zu den Leser- und Nutzer-Gewohnheiten der wachsenden Masse an nicht mehr kirchlich sozialisierten Usern, aber auch zu interessiert Fernstehenden, die – obgleich interessiert – nicht mehr in den kirchlich-theologischen Sprachspielen beheimatet sind.

 

Gottesdienst im Live-Stream

 

Eine steirische Besonderheit stellt weiters das Angebot sogenannter „Internetgottesdienste“ der Pfarre Hartberg dar. Seit 2008 „streamt“ die Pfarre ihre Gottesdienste Woche für Woche live im Internet. Großen Wert legt man dabei auf eine pastoraltheologische Grundlegung des Angebots, heißt es doch auf der Website der Pfarre Hartberg: „Dieses Projekt Internetgottesdienste entspricht den Grundsätzen kirchlich pastoraler Handlungsfelder, wie dies in den Leitlinien der Diözese Graz-Seckau zum Ausdruck kommt: Zeitbezogene Vermittlung von Spiritualität, Wertschätzung des Sonntags und der Liturgie, Missionarische Pastoral, Glaubensverkündigung „Junger Erwachsener“ und der Kirche Fernstehende

 

Zielgruppen“ (http://hartberg.graz-seckau.at/internetgottesdienst). Die Erfolgsgeschichte der Fernsehgottesdienste möchte man auf diese Weise weiterschreiben und jene Menschen erreichen, „die nicht zur sonntäglichen Messfeier kommen können oder wollen“ - von Alten und Kranken bis hin zu im Ausland arbeitenden Menschen, die am Wochenende gerne über das Internet den Kontakt zur Heimat aufrecht erhalten.

 

Damit stellt sich nach dieser notwendigerweise im Allgemeinen und Unscharfen bleibenden Umschau die Frage nach künftigen Entwicklungen und Trends: Tatsächlich nämlich wird der Frage der Optimierung kirchlicher Web-Angebote gerade auch im Bereich liturgischer und sakramententheologischer Fragen große Aufmerksamkeit geschenkt – allerdings mit der Einschränkung, dass diese Themen in zwei Richtungen weiterentwickelt werden: In Richtung eines am User orientierten „lebensweltlichen“ Zugangs und in Richtung eines niederschwelligen Zugangs zu Service-Angeboten.

 

Das Web macht nicht vor Diözesan- und Pfarrgrenzen Halt

 

Dabei wird gerade die Entwicklung von österreichweiten Plattformen und einer österreichweiten Kommunikationsstrategie über Erfolg und Misserfolg in einer immer stärker internetaffinen und internet-gewöhnten Gesellschaft entscheiden. Denn selbst wenn Kirche stets Kirche vor Ort ist und dort in den Gemeinden lebt, so machen Suchanfragen und Interesse von Menschen doch nicht vor Pfarr- oder Diözesangrenzen Halt. Anders gesagt: Wenn eine Person in Vorarlberg nach Erläuterungen zum Thema Taufe sucht, die diözesanen Angebote jedoch nicht auf der ersten Seite der Ergebnisliste von Google aufscheinen, ist die Suchanfrage und ein etwaiger Erstkontakt zu einem interessiert Fernstehenden verloren.

 

Technisch gesprochen geht es um eine österreichweite kirchliche "SEO-Strategie" (Search Enginge Optimization). Gelungen ist dies in Ansätzen etwa bereits beim Thema Kirchenbeitrag, wo Suchanfragen auf die österreichweite Domain www.kirchenbeitrag.at führen, von der aus dann Anfragen auf die Diözesen gezielt weiter verteilt werden. Ähnliches soll künftig etwa in Form einer österreichweiten Gottesdienst-Suche umgesetzt werden. Zunehmend wichtiger wird in diesem Kontext auch die Form der Darbietung der gesuchten Informationen: so weisen alle Statistiken derzeit in Richtung immer intensiverer mobiler Internetnutzung. Entsprechend werden alle Websites für mobile Anwendungen - also die Nutzung via Smartphone oder Tablet-PC – optimiert. Dieser Trend soll weiters aufgegriffen werden in Form einer österreichweiten kostenlosen „Kirchen-App“, die radikal auf Service-Funktionen hin optimiert ist und der simplen Frage gehorcht: „Hier stehe ich; welche kirchlichen Angebote gibt es in meiner Umgebung?“

 

Ringen um eine relevante Sprache


Kirche und Theologie sollten diese Entwicklungen im Sinne eines neuen missionarischen Aufbruchs nicht unterschätzen – aber gewiss auch nicht blindlings jedem Trend nachlaufen. Gerade der Bereich etwa des „Streamings“ und des Wachsens von Online-Video-Plattformen könnte künftig die alte Diskussion wieder entfachen, ob ein medial vermittelter Gottesdienst einer aktiven Teilnahme an einem Gottesdienst gleichzusetzen ist. Verschärft werden könnte diese Diskussion, die im deutschen Sprachraum Mitte der 1950er Jahre zum Teil vehement geführt wurde, durch die neuen Möglichkeiten, Gottesdienste nicht nur live zu streamen, sondern „on demand“, also etwa über Youtube oder andere Videoplattformen zum zeitversetzten und wiederholten Ansehen anzubieten.

 

Solche Fragen sollte die Kirche gewiss mit dem notwendigen Ernst verfolgen und diskutieren – bei all dem aber stets nicht aus den Augen verlieren, für wen sie ihre Angebote online aufbereitet und welche Sprache sie im Web sprechen muss, um überhaupt noch gehört zu werden.

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