Fremdkörper und/oder Wurzel?

In Berlin referierte Kardinal Schönborn über das Christentum in Europa unter dem Titel "Fremdkörper oder Wurzel?" und zeigte dabei den anhaltenden Prozess der Marginalisierung des Christentums anhand konkreter politischer und sozialer Fragen auf (Lebensschutz etc.). In dieser Situation ortete er jedoch unter Verweis auf Jürgen Habermas und - zuletzt - Martin Walser eine bleibende "Sehnsucht" nach einem "authentischen, gelebten Christentum". Vom Fremdkörper zur Wurzel, könnte man also sagen. (Wortlaut der Rede)

 

Schade, wie ich finde. Denn in Salzburg (bei der "Ouverture spirituelle", der Eröffnungswoche der Festspiele) hat Schönborn in einem ähnlichen Vortrag noch eine dialektische Spannung gehalten und das Christentum als "Wurzel und Fremdkörper" gleichermaßen bezeichnet. Europa brauche "den prophetischen Einspruch des Evangeliums als heilsame Unruhestiftung", das Christentum hingegen brauche gleichermaßen "die kritische Rückfrage des säkularen Europa. Sie tut ihm gut. Sie weckt es auf, fordert es heraus."

 

Schade, denn etwas mehr Dialektik hätte der Berliner Rede durchaus gut getan... (vielleicht wäre es dann auch nicht zu einer allzu affirmativen Vereinnahmung von Habermas und Walser gekommen, die den beiden Autoren m.E. weder genehm ist noch gerecht wird...)

 

Hier noch einmal die Salzburger Rede im Wortlaut zum Vergleich.

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